Pfingstpredigt über 1 Korinther 2,12-16 von Vikar Dr. Ulrich Hofeditz

Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden. Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt. Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen«? Wir aber haben Christi Sinn. ( 1 Kor 2,12-16)

Liebe Gemeinde,

wir feiern heute mit Pfingsten die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Jüngerinnen und Jünger der noch jungen Gemeinde. Wisst Ihr eigentlich, wann ihr im letzten Jahr eine Predigt über den Heiligen Geist gehört habt? Oder vielleicht eine Predigt, in welcher der Heilige Geist überhaupt erwähnt wurde? Ich konnte mich nicht erinnern.

Daher habe ich zumindest mal alle meine Predigten, die ich hier in Johannes halten durfte, durchgeschaut, ob bei mir der Heilige Geist Erwähnung gefunden hat und in welcher Weise. Und ich war recht überrascht, dass ich tatsächlich im Oktober eine Predigt gehalten habe, in welcher der Heilige Geist ein wenig ausführlicher behandelt wurde, allerdings ohne dazulegen, wer oder was der Heilige Geist eigentlich ist.

In unterschiedlichen Gesprächen der letzten Zeit und nach dem Heranziehen von etlicher Literatur ist mir noch mal bewusst geworden, wie stark abweichend viele Vorstellungen vom Heiligen Geist sind. Und es ließe sich an dieser Stelle vieles anführen und kritisch diskutieren, aber dafür möchte ich gar nicht unsere begrenzte Zeit hier verbrauchen, sondern ich möchte ein paar grundlegende Punkte ansprechen.

[Das Smartphone zeigen]

Alle kennen dieses kleine Gerät und die meisten werden auch ein solches besitzen. Seit erst etwa 15 Jahre mit der Markteinführung des ersten Iphones gibt es diese Geräte, die heute den Lebensrhythmus von vielen Mensch bestimmen: Emails schreiben, im Internetsurfen, den Terminkalender im Blickbehalten, Einkäufe bezahlen, sich mit Videos und Spielen die Zeit vertreiben, Videos und Fotos aufnehmen und verschicken und vieles, vieles mehr… ach ja, telefonieren lässt sich auch noch immer damit.

Oben rechts, zumindest bei mir, ist ein essentielles Symbol. Dieses Symbol zeigt an, wie gut der Empfang ist bzw. ob ich überhaupt Empfang habe. Wenn Ihr auch im Telefonica-O2-Netz unterwegs seid, dann ist es euch am Mittwochabend wahrscheinlich ebenso wie mir gegangen: Das Netz war gestört und der Empfang im Raum Primasens unterbrochen. Und die Nutzung meines Smartphones war ganz erheblich eingeschränkt. Alles was auf meinem Mobiltelefon gespeichert war, konnte ich noch ansehen, Fotos machen und die Taschenlampe funktionierte auch noch, aber ansonsten hat es hauptsächlich Strom verbraucht. Es ging kaum noch etwas.

Der Heilige Geist ist ganz ähnlich. Denn er stellt die Verbindung unseres Glaubens zu Gott her. Wenn unser Glaube, wie dieses Telefon ist, so kann es nur umfänglich funktionieren, wenn über den Heiligen Geist eine Verbindung zu Gott besteht.

Man könnte auch sagen, dass der Heilige Geist primäre die technische Voraussetzung für unseren Glauben ist. Die Verbindung zu Gott, welcher für den Grund und den Inhalt unseres Glaubens maßgeblich ist.

Gott ermöglicht uns als Christinnen und Christen den Glauben an ihn erst durch den Heiligen Geist.

Und wenn wir einen Augenblick darüber nachdenken, umso mehr lädt dieser Satz zu Widerspruch ein. Weil er Anfragen an unser Selbstverständnis, an unserer Wahrnehmung und vor allem an unseren Glauben stellt. Es fängt dort an wo wir den Ursprung unseres Glaubens verorten: Bin ich tatsächlich der- oder diejenige, die über meinen Glauben entscheidet? Wenn ich Ermutigung in meinem Glauben brauche, habe ich dann überhaupt den Heiligen Geist, weil dieser ja doch den Glauben geben sollte? Und ich formuliere mal schärfer, wenn ich nicht glauben kann, bin ich dann von Gott verlassen? Und wenn ich glaube, wofür brauche ich noch die Bibel, denn der Heilige Geist ermöglicht mir doch den Glauben?

Solche Fragen können uns tief treffen und auch persönlich verletzen. Insbesondere dann, wenn wir möglicherweise den Eindruck gewinnen, da möchte uns jemand den Glauben oder die Ernsthaftigkeit des Glaubens absprechen. Und doch sollten solche Fragen uns beschäftigen. Nicht weil ich euch ein tolles theologisches Konzept verkaufen möchte, sondern weil uns dies immer wieder damit konfrontiert, wie wir es mit unserem Glauben halten.

Und so etwas ist unangenehm. Da geht es mir nicht anders als Euch.

Der Apostel Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther: „Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist.“ Der Heilige Geist ist die Gottes Kraft, die uns gegeben wurde, damit wir wahrnehmen, was uns geschenkt ist. Heilige Geist selbst ist so überhaupt nicht wahrnehmbar. Nur seine Auswirkungen sind es. Keine Kraft, die unser Denken in eine Richtung zwingt, sondern eine Stärke, die uns unterstützt, die unseren Glauben stärkt.

Die flammenden Zungen an Pfingsten in der ersten Gemeinde, das war ein einmaliges Zeichen. Selbst im Neuen Testament wird es nicht wiederholt. Die anschließende Verkündigung der ersten Jüngerinnen und Jünger in fremden Sprachen, so dass Pilger in Jerusalem die Botschaft des Glaubens in ihrer eigenen Sprache hören und verstehen konnten. All dies einmalig.

Sowohl die Predigt des Apostels Petrus bei dieser Gelegenheit als auch die Sätze des Paulus im ersten Brief an die Korinther zeigen, dass sie noch Herren ihrer eigenen Sinne wahren. Sie waren in keiner Trance, sondern der Heilige Geist sie hat zu einer Aufgabe befähigt. Der Heilige Geist wirkt nicht über uns Christinnen und Christen hinweg oder gegen unser Wollen, sondern unterstützt uns in unseren Glauben.

Unsere menschliche Seite, unser Charakter, Bedürfnisse, Denken und Wollen, ist noch genauso ausgeprägt vorhanden. Sie wird durch den Heiligen Geist ergänzt. Unser Glauben, den wir haben, wird so durch den Heiligen Geist gestärkt und getragen. Und dennoch können wir Zweifel im Glauben haben, gerade weil der Heilige Geist unsere menschliche Seite, unsere Ängste und unser Unverständnis, nicht ausschaltet. Und gleichzeitig kann uns der Heilige Geist herausfordern, weil er uns selbst im Licht Gottes erkennen lässt. Die Seiten unseres Charakters, mit den wir vielleicht selbst nicht einverstanden sind. Aber er zeigt uns dadurch auch, dass Gott uns, jeden einzelnen von uns liebt. Der Heilige Geist führt uns dadurch zu Gott. Er lässt uns Gott sehen.

Bei alldem schenkt uns der Heilige Geist auch immer die Freiheit ‚Nein‘ zu sagen. Wir können uns gegen Gott entscheiden. Wir können sagen, das sehe ich anders und das will ich anders. Der Heilige Geist macht uns nicht zu besseren Menschen, er bringt uns nur wenn wir möchten zu Gott. Er gibt uns dadurch die Möglichkeit die Welt, in der wir leben, mit anderen Augen zu sehen. Daher schreibt Paulus: „Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden.“

Eine Welt mit Gott ist eine andere Welt. Wir können sehen, dass Gott uns in unserem Leben nicht alleine lässt, dass wir im Gebet uns jederzeit an Gott wenden können, dass wir in seiner Schöpfung mit vielen Mitgeschöpfen leben, dass uns in diese Freiheiten und Verantwortlichkeiten gibt. Wir können aber primär sehen, dass wir in einer Beziehung mit dem lebendigen Gott leben, die über die Wirklichkeit dieser Welt hinaus geht. Die Hoffnung, wenn dieses Leben hier zu Ende geht, dann sind wir in der Ewigkeit bei Gott.

Dieser Glaube beginnt im Hier und Jetzt. Er beruht darauf, dass Gott in seinem Sohn Jesus Christus für uns gestorben ist und uns den Heiligen Geist geschenkt hat. Den Heiligen Geist, den nicht nur jeder und jede bekommt, der glaubt, sondern auch glauben möchte. Der Glaube beruht auf der Freiheit zu wissen, dass Gott mich immer und jeden Tag liebt, egal was ich tue. Und der Glaube beruht auf der Demut, dass ich jeden Tag der Sünder bin, der die Gnade der Erlösung braucht. Er beruht auf der Kraft, dass ich durch den Heiligen Geist in einer Beziehung mit Gott lebe, durch die er mich stärkt.

Liebe Gemeinde, wahrscheinlich müsste noch ganz viel über den Heiligen Geist und Pfingsten gesagt werden. Aber lassen sie mich mit dem folgenden Gedanken enden: Die Ausgießung des Heiligen Geist ist der Geburtstag der Kirche, nicht weil damals in Jerusalem etwas ganz Merkwürdiges passiert ist, auf das sich die Kirche heute noch beruft. Sondern es ist die Geburt der Kirche, weil seitdem Menschen durch den Glauben, der vom Heiligen Geist getragen ist, zu Gott kommen. Durch den Glauben dieser Menschen, Christinnen und Christen, ist Kirche dort, wo eine Gemeinschaft des Glaubens entsteht. Unabhängig von kirchlichen Bauten ist Kirche dort, wo wir Gemeinschaft im Glauben leben. Zu diesem Glauben lädt uns der Heilige Geist ein.

Amen.

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