Predigt zur Diamantenen Konfirmation am 16.01.2022 von Verena Gaul-Ehrenreich

Der Predigttext steht in  1. Korinther 2,1-10:

1 Auch ich, meine Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu predigen. 2 Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten. 3 Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; 4 und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft, 5 auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.

6 Von Weisheit reden wir aber unter den Vollkommenen; doch nicht von einer Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, die vergehen. 7 Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit, 8 die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. 9 Sondern wir reden, wie geschrieben steht (Jesaja 64,3): »Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.« 10 Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen Gottes.

 

Liebe Diamantenen Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde,

Grenzen im Leben zu erkennen, Schwäche zuzugeben. Wer tut das schon gern? So setzen wir manchmal lieber unser Pokerface auf und strahlen, obwohl es uns nach weinen zumute ist. Sagen auf die Frage: Wie es uns geht. Alles ok, läuft alles, alles super. Obwohl eigentlich gar nichts ok ist und nicht alles super läuft. Ich ertappe mich manchmal dabei. Im Leben an Grenzen zu stoßen, das ist völlig normal und ich bin mir sicher, dass wir das alle schon einmal erlebt haben. Das Gefühl, die Erfahrung: Hier komme ich nicht weiter – in der Erziehung: wie oft habe ich schon gesagt, er soll die Hausaufgaben machen, aber er blockiert, im Beruf: wie gern hätte ich diese andere Stelle gehabt, aber ein anderer hat sie mir vor der Nase weggeschnappt, in der medizinischen Therapie: die Aussage des Arztes: die Tabletten helfen ihnen bedingt, sie werden wohl mit den Schmerzen oder dem Defizit leben müssen, im Sport: ich wäre so gern wenigstens den Halbmarathon gelaufen, aber meine Ausdauer und Kraft reichen nicht.  Vielleicht auch ganz banal: das Auto ist auf dem Weg in den Urlaub stehen geblieben und wir sind erstmal nicht weitergekommen.

An Grenzen zu stoßen, kann im schlechtesten Fall zur Folge haben, den Kopf in den Sand zu stecken, andererseits kann es auch zur Folge haben: Hier erkenne ich: ich bin an eine Grenze gestoßen, aber ich kann auch einen anderen Weg gehen. Ok, für den Halbmarathon reicht es nicht, aber dafür für die schone Runde am Beckenhof. Für diese Stelle hat es nicht gereicht, aber vielleicht war das auch gar nicht das Richtige für mich. Ich orientiere mich um. Vielleicht konnten sie sich in dem ein oder anderen finden oder haben eine ganz andere Grenze, die sie erlebt haben, im Blick.
Wir gehen jetzt in das dritte Jahr der Pandemie. Corona hat uns alle an unsere Grenzen gebracht und bringt uns weiterhin an unsere Grenzen. Existenz, familiär, sozial. Aber auch durch diese Grenzerfahrung haben wir alle, so denke ich, neue Wege gefunden. Persönliche Treffen waren nicht mehr möglich, das Telefon wurde wieder mehr genutzt oder sogar das Internet und die Möglichkeit, sich darüber zu sehen. Nur unser Grillfest das ist leider nur live möglich, denn so eine Wurst schmeckt zusammen eben doch besser als allein vor dem Bildschirm zu Hause. Durch diese Grenzerfahrung wurde uns auch noch einmal ganz bewusst: Was ist uns eigentlich wichtig, was brauchen wir überhaupt? Es gibt die Grenzerfahrungen.

Es gibt aber auch die sichtbaren Grenzen. Ihre Generation ist mit der Mauer, die Ost- und Westdeutschland trennte, aufgewachsen. Sie haben bewusst erlebt, wie diese Grenze 1989 fiel und die Menschen sich in ihrem Land frei bewegen konnten. Ich weiß, dass es unter ihnen auch einige gibt, die Kinder im Osten Deutschlands haben und dort gern zu Besuch sind.

Mit dem Brief des Paulus an die Korinther, der uns heute als Predigttext aufgegeben ist, berichtet Paulus auch von seinen Grenzerfahrungen. Er berichtet davon, wie er in die Gemeinde nach Korinth kam, nicht als der starke Mann, sondern als der, der weiche Knie kam. Nicht als der, der vorne stark stand und sagte, wo es langgeht, sondern als der, der eher leise Töne anschlug. Genauso konnte er die Herzen der Menschen erreichen. Es ist also manchmal gar nicht schlimm immer das Pokerface aufzusetzen, sondern eben auch ehrlich zu sagen, wie es mir geht und eben auch mal zu weinen, wenn es mir danach ist. Grenzen können uns neue Wege ermöglichen und lehren uns auch, wie es geht, Hindernisse zu überwinden. Besonders dort, wo wir an Grenzen stoßen, ist Gottes Kraft spürbar und durch diese Kraft können wir neue Wege finden. Und manchmal hilft vielleicht auch das Gelassenheitsgebet, das ich für ihre Urkunde gewählt habe: Gott, gib uns die Gnade mit Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die sich nicht ändern lassen, den Mut, Dinge zu ändern, die geändert werden sollten und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.

Amen.

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